SSS "Gorch Fock"
Segeleigenschaften und Segelmanöver
Segeleigenschaften
a) Ausgetrimmt: Angriffspunkt der Gesamtkraft (Segelschwerpunkt)
liegt über dem Drehpunkt des Schiffskörpers. Das Schiff läuft ohne Ruderlage geradeaus.
b) Luvgierig: Segelschwerpunkt liegt achterlicher als Drehpunkt des Schiffes.
Schiff schießt ohne Ruderlage in den Wind.
c) Leegierig: Segelschwerpunkt liegt vor dem Schiffsschwerpunkt.
Schiff fällt ohne Ruderlage ab.
Segelmanöver
Halsen
Beim Halsen wird das Schiff mit dem Heck durch den Wind, auf den anderen Bug gebracht.
Das Schiff wird durch Leeruder zum Abfallen gebracht und das Abfallen durch Vermehren des Segelpresses auf das Vorschiff unterstützt.
Dazu werden der Besan, das Großsegel und alle Besanstag-segel geborgen. Abfallen wird durch Lebend-Brassen des Großtopps unterstützt.
Ist das Schiff mit dem Heck etwa 1 Strich durch den Wind, wird das Anluven auf dem neuen Bug durch Ausholen des Besans, Anbrassen des Großtopps und das Setzen des Großsegels und der Besanstagsegel unterstützt.
Durch das harte Anbrassen des Vortopps, Setzen des Großstengestagsegels und der Ruderlage wird das weitere Anluven des Schiffes dann auf dem neuen Bug wieder aufgefangen.
Wenden
Beim Wenden wird das Schiff mit dem Bug durch den Wind, auf den anderen Bug gebracht. Das Schiff wird durch Luvruder zum Anluven durch Vermehren des Segelpresses auf das Achterschiff unterstützt.
Dazu wird einmal der Besan mittschiffs geholt, zum anderen durch Kürzen der Segel am Vortopp der Segelpress auf das Vorschiff verringert. Der backfallende Vortopp unterstützt das Durch-den-Wind-drehen.
Ist das Schiff mit dem Bug durch den Wind, so werden die geborgenen Vorsegel erneut gesetzt, um das weitere Abfallen auf den neuen Bug zu beschleunigen.
Die Abfallbewegung wird dann, sobald gewünscht, durch Dichtholen des Besans, Setzen von Großsegel und Besanstagsegel und entsprechende Ruderlage aufgehoben.
Backhalsen
Backhalsen heißt, das Schiff durch Anluven zum Stehen zu bringen und es dann nach Backbrassen des Vortopps zum Abfallen und zum Halsen zu zwingen.
Dazu möglichst schnell die Fahrt aus dem Schiff bringen durch hartes Anluven, Anholen des Besan und Auffieren der Vorschoten.
Dann durch Backbrassen des Vortopps, Anholen der Vorschoten zu luvward, Vierkantbrassen des Großtopps und Einholen des Besans, das Schiff zu schnellem Abfallen zwingen.
Ruder bleibt liegen und wirkt bei Fahrt übers Steuer auf weiteres Abfallen. Erst wenn der vierkantstehende Großtopp wieder voll fällt und dem Schiff etwas Fahrt voraus gibt, muß das Ruder umgelegt werden.
Der weitere Gang des Manövers gleicht dem Halsen.
Boje über Bord
Normalerweise wird die Boje mit zu Wasser gelassenem Kutter gefischt. Um den Kutter jedoch zu Wasser zu bringen, muß das Schiff möglichst schnell zum Stehen gebracht werden. Das geschieht durch hartes Anluven und Backbrassen des Großtopps sowie Kürzen der Segel am Vortopp wie beim Wenden. Um die Fahrt schnell zu verringern, können die Obersegel weggenommen werden. In der Hauptsache jedoch wird durch das Backbrassen des Vortopps das Fahrtmoment aus dem Schiff genommen. Der Wind drückt bei fast quer zur See liegendem Schiff wie eine Düse und läßt es langsam nach Lee Drift aufnehmen. Eine geringe, eventuell gewünschte Vorausbewegung zum Ein- und Aussetzen des Kutters (Leekutter) kann durch Setzen von Stagsegeln (Großstengestagsegel) erreicht werden.
Ist bei Beginn des Manövers der Wind vorlicher als querab, kann, soweit es die See zuläßt, durch Backbrassen von Vor- und Großtopp dem Kutter über den Achtersteven entgegengesegelt werden. Dabei ist das Schiff durch Ruderlegen sowie Bedienung der Vorsegel und des Besans zu luvward von der Boje zu bringen. Es ist dabei auf rechtzeitiges Zurückbrassen des Vortopps zu achten. Normalerweise wird das Bojenmanöver jedoch wie unter a) beschrieben, durchgeführt.
Kommandobeispiel für "Boje-über-Bord-Manöver"
(bei über Stbd.-Bug segelndem Schiff unter Vollzeug)
1. Boje über Bord!
2. Erster Kutter klar! Hart Backbord!
Besan mittschiffs!
3. Hol nieder alle Vor- und Großstagsegel!
4. Gei auf Fock! Gei auf Großsegel!
5. Rund achtern!
Bei starkem Wind kann durch das Kommando "Klar bei Obersegelsfallen" sowie dasEinfieren und toppweise Aufgeien der Obersegel, der Segelpress weiter vermindert werden. Nach dem Kuttermanöver wird durch Rundbrassen des Großtopps und des Kommandos "Beim Wind vorn" und "Beim Wind achtern" oder "Beim Wind überall" das Schiff wieder auf Kurs gebracht.